Glossar

Was ist eigentlich ... Gentrifizierung?

Begriffe aus der kommunalen Szene - einfach erklärt

Der Begriff Gentrifizierung wurde in den 1960er Jahren von der britischen Soziologin Ruth Glass geprägt, die Veränderungen im Londoner Stadtteil Islington untersuchte. Abgeleitet vom englischen Ausdruck „gentry“ (= niederer Adel) wird er seither zur Charakterisierung von Veränderungsprozessen in Stadtvierteln verwendet und beschreibt den Wechsel von einer statusniedrigeren zu einer statushöheren (finanzkräftigeren) Bewohnerschaft, der oft mit einer baulichen Aufwertung, Veränderungen der Eigentümerstruktur und steigenden Mietpreisen einhergeht.

Ausgangssituation bei solchen Prozessen ist häufig zunächst Leerstand. In solche leerstehenden Gebäude ziehen „Kreative“, die sie als Ateliers und für preiswertes Wohnen nutzen. Dies wiederum verändert das Image zuvor unattraktiver Quartiere, die sich nun in „Szenequartiere“ wandeln und damit öffentliche Aufmerksamkeit – und Begehrlichkeiten – auf sich ziehen.

Im Zusammenhang mit dem Aufwertungsprozess erfolgt oft die Verdrängung sowohl der alteingesessenen, gering verdienenden Bevölkerung als auch von langansässigen Geschäften, die dem Zuzug der neuen kaufkräftigeren Bevölkerung und deren entsprechend veränderten Nachfrage weichen müssen. In der Regel sind es innerstädtische Viertel, die von Gentrifizierung betroffen sind.

Wie schnell Gentrifizierungsprozesse voranschreiten, hängt dabei stark von intervenierenden Faktoren, wie etwa den jeweiligen Mietgesetzen ab.

Die Entwicklung des deutschen Wohnungsmarktes zeigt, dass – auch durch das seit der Jahrtausendwende zunehmende Agieren internationaler Finanzinvestoren auf dem deutschen Immobilienmarkt – hierzulande Gentrifizierung zu einem wachsenden Problem geworden ist.

Neben der Tatsache, dass Gentrifizierungsprozesse selten konfliktfrei verlaufen, ist auch die Belastung öffentlicher Haushalte von Bedeutung. Geht Gentrifizierung mit einer Verdrängung einkommensschwacher Haushalte einher, steigen meist auch die Ausgaben der öffentlichen Hand für die Absicherung des Wohnens derjenigen Bevölkerungsschichten, die sich ihre alten Wohnungen aufgrund von Mietpreissteigerungen nicht mehr leisten können.

aus: Difu-Magazin 3-4/2016